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Nach einem regelrechten Auszählmarathon stehen nun alle Ergebnisse der 23 Bezirksvertretungswahlen fest. Abgewählt wurde der einzige blaue Bezirkvorsteher, der von Wien-Simmering. Die Grünen verloren eine Vorsteherin, gewannen dafür andernorts einen Vorsteher dazu. Auch die ÖVP büßte – trotz Gewinnen im Gemeinderat – eine Bezirkschefin ein. Gleich 17 Bezirke werden auch weiterhin von den Roten regiert. Ein Überblick darüber, was sich in den Bezirken ändern wird, was gleich bleibt und welche Projekte anstehen.

Innere Stadt: City-Chef wird gestärkt

Markus Figl kann sich freuen: Er fuhr für die Türkisen ein großes Plus ein – das größte sogar. Mit 40,5 Prozent (+14,8 Prozentpunkte) wurde der 46-Jährige als Bezirksvorsteher der City bestätigt. Spannend bleibt, wie Figl die seit Jahren von ihm angepeilte Verkehrsberuhigung innerhalb des Rings vorantreiben will. Das Projekt "autofreie City" hatte Stadtchef Ludwig vor der Wahl ja abgelehnt.

Leopoldstadt: Rote Rückholaktion

Die Leopoldstadt ist einer von nur drei Bezirken, die umgefärbt wurden: Der künftige SPÖ-Bezirkschef Alexander Nikolai löst Uschi Lichtenegger von den Grünen ab, die das Amt seit der Wahlwiederholung 2016 (wegen Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahlauszählung 2015) innehatte. Nikolai will Rot-Pink in Wien – und die grünen Verkehrsberuhigungspläne für die Praterstraße überarbeiten.

Landstraße: Stabil rot mit Urgestein

Erich Hohenberger ist seit 1989 SPÖ-Bezirksvorsteher im Dritten, da existierte die DDR noch. Der längstdienende und mit 72 Jahren auch älteste Bezirkschef in Wien fuhr für die SPÖ 37 Prozent ein und verteidigte trotz eines kleinen Minus von einem Prozentpunkt Platz eins im Bezirk klar. Ein Projekt ist die Landstraßer Hauptstraße: Hohenberger liebäugelt mit einem Tempo-30-Limit.

Wieden: Roter Erfolg bei Erstantritt

Lea Halbwidl, seit 2018 neue Bezirkschefin im Vierten, hielt bei ihrem ersten Antritt als Spitzenkandidatin den ersten Platz für die SPÖ im Bezirk. Mit 33,2 Prozent verbesserte sie das Ergebnis um einen Prozentpunkt. Die Grünen in Wieden bleiben den Roten auf den Fersen und erreichten 28 Prozent. Halbwidl (38) setzt sich unter anderem für mehr Grünflächen und mehr Anrainerparkplätze ein.

Margareten: Neue rote Bezirkschefin

Die bislang amtierende Bezirksvorsteherin Susanne Schaefer-Wiery verkrachte sich mit der SPÖ, trat Anfang des Jahres aus der Partei aus und nicht mehr bei der Wien-Wahl an. Ihr folgt Silvia Jankovic an der Bezirksspitze in Margareten nach: Jankovic verteidigte mit 35,3 Prozent zwar Platz eins für die SPÖ. Die 36-Jährige musste aber ein Minus von 3,5 Prozentpunkten hinnehmen.

Mariahilf: Rot hielt stand

Markus Rummelhart ist und bleibt Bezirkschef des Sechsten. Mit 37,2 Prozent (+3,3) geht er gestärkt aus der Wahl. Rummelhart wird sich in den kommenden Jahren um die Umgestaltung der Gumpendorfer Straße kümmern müssen. Eine Machbarkeitsstudie wurde bereits im Bezirksparlament beschlossen. Ebenso wird Rummelhart eine Lösung für den Naschmarkt-Parkplatz suchen müssen.

Neubau: Grüne können ausbauen

Mit einem Plus von 3,9 Prozentpunkten baute Bezirksvorsteher Markus Reiter seinen Platz eins auf 44,9 Prozent aus. Die zweitplatzierte SPÖ rutschte auf 20,6 Prozent herunter (–4,1). Reiter hat für Neubau große Pläne: Nach der Umgestaltung der Neubaugasse zur Begegnungszone soll nun auch die Zollergasse folgen. Als Baustart wird Frühjahr 2021 angepeilt, eine Eröffnung sei im April oder Mai möglich.

Josefstadt: Schwarz wird Grün

Ein Neuer an der Spitze des Achten: Plus 6,4 Prozentpunkte konnte Martin Fabisch einfahren. Mit 33,6 Prozent stehen die Grünen auf Platz eins. Ganz oben auf dem grünen Plan für den Achten: die Umgestaltung der Josefstädter Straße. Die Verkehrsader soll "spürbar verkehrsberuhigt und sichtbar begrünt" werden. Der achte ist zudem der Bezirk mit der höchsten Wahlbeteiligung.

Alsergrund: Rote Chefin hält knapp

Knapp, aber doch verteidigte die rote Bezirkschefin Saya Ahmad ihren Posten. Mit 31,5 Prozent (+0,2) liegt die SPÖ knapp vor den Grünen mit 29,2 Prozent. Auf Ahmads Agenda steht unter anderem die Erweiterung, Neugestaltung und Begrünung des Julius-Tandler-Platzes, die Fortsetzung der Baumpflanzungsoffensive und die Begrünung öffentlicher Gebäude oder die Errichtung von Donaukanalterrassen.

Favoriten: Bestes Ergebnis für SPÖ

Die SPÖ konnte in Favoriten bei den Bezirksvertretungswahlen ihr bestes Ergebnis in Wien erzielen. Marcus Franz schaffte mit einem Plus von sieben Prozentpunkten insgesamt 47,4 Prozent und schrammte in Mandaten knapp an der Absoluten vorbei. Die Roten profitierten auch vom blauen Desaster: Die Freiheitlichen stürzten um fast 28 Prozentpunkte auf nur noch 10,5 Prozent im Bezirk ab.

Simmering: Rot verdrängt blauen Chef

Es war ein Debakel für die SPÖ. 2015 verlor sie den traditionellen Arbeiterbezirk Simmering an die FPÖ. 2020 die Rückeroberung: Zwar konnte die SPÖ bei 41,5 Prozent nur einen Minizugewinn feiern, das große Minus der FPÖ von 13,3 Prozentpunkten machte den roten Thomas Steinhart aber zum Bezirkschef. Er will Grätzel beleben, Jobs schaffen und die Gesundheitsversorgung ausbauen.

Meidling: Glasklare Sache für SPÖ

Wilfried Zankl löste erst im März 2019 Bezirksvorsteherin Gabriele Votava ab, die das Amt zuvor 16 Jahre lang innehatte. Bei seinem ersten Antritt als Spitzenkandidat der SPÖ in Meidling schaffte der 44-Jährige gleich 42 Prozent – und damit um drei Prozentpunkte mehr als 2015. Der Vorsprung auf ÖVP (16,85 Prozent) und Grüne (15,9) ist riesig, die bisher zweitplatzierte FPÖ stürzte auf 6,9 Prozent ab.

Hietzing: Bestes türkises Ergebnis

Silke Kobald, seit 2013 Bezirkschefin in Hietzing, konnte für die Türkisen das beste Bezirksergebnis in Wien einfahren: Im 13. erreichte Kobald 44,25 Prozent – fast fünf Prozentpunkte mehr als bei der Wahl vor fünf Jahren. Großes Thema für die 48-jährige Bezirkschefin bleibt die Verbindungs-S-Bahn. Im 13. konnten zudem die Neos ihren größten Zugewinn feiern: ein Plus von 2,4 Prozentpunkten.

Penzing: SPÖ-Chefin verlängert

Vor rund einem Jahr wurde Michaela Schüchner zur Bezirkschefin im 14. Mit ihrem Wahlergebnis für die SPÖ kann sie ihre Amtszeit verlängern: Mit 36,9 Prozent ließ sie die ÖVP mit 23,6 Prozent weit hinter sich. Das 30-seitige Programm der roten Bezirksorganisation reicht von der Weiterentwicklung der Nahversorgung über einen neuen Gemeindebau bis hin zu Trinkbrunnen in allen Bezirksteilen.

Rudolfsheim-Fünfhaus: Rot bleibt, Kleine feiern Siege

Klar belegt im 15. die SPÖ mit 38,5 Prozent den ersten Platz. Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal, der im Sommer den umstrittenen Pool im Zuge der Gürtelfrische West gemeinsam mit dem Siebenten initiiert hat, darf also bleiben. Der 15. ist aber auch der Bezirk der Kleinparteien. Sowohl Links (5,7) als auch die Bierpartei (2,4) haben hier die Hochburgen. Er ist zudem der Bezirk mit der niedrigsten Wahlbeteiligung.

Ottakring: Grüne Themen, roter Bezirk

1000 neue Bäume im Bezirk. Erweiterung der "coolen Elemente" in Parks und auf öffentlichen Plätzen: Was wie das Wahlprogramm der Grünen klingt, ist jenes der SPÖ Ottakring. 39 Prozent erhielt die Partei von Bezirksvorsteher Franz Prokop, die Grünen lagen mit 20 Prozent dahinter, aber noch vor der ÖVP mit 16,8 Prozent. Die FPÖ kam dagegen nur noch auf sechs Prozent (–20,5).

Hernals: SPÖ-Chefin für Sportplatz

Eine Forderung, mit der die amtierende Bezirkschefin Ilse Pfeffer in die Wahl gestartet ist, geht nicht nur die Hernalser etwas an, sondern auch andere Sportbegeisterte: Ihre SPÖ setzt sich gegen die Verbauung des Postsportplatzes ein und will die Sportanlagen erhalten, steht im Programm. 33,2 Prozent erhielt die SPÖ, dahinter lagen die Grünen mit 24,3, die ÖVP mit 19,71 und die Neos mit 8,3 Prozent.

Währing: Neue grüne Hochburg

2015 konnten die Grünen in Währing erstmals den Bezirksvorsteherinnensessel erobern. Fünf Jahre später wurde Silvia Nossek in ihrem Amt bestätigt und verschaffte den Grünen mit einem Plus von über zehn Prozent zudem den wienweit stärksten Zugewinn. Bemerkenswert sind auch die Ergebnisse von SPÖ (17,9 Prozent) und der FPÖ (2,7 Prozent), die dort ihre schlechtesten Resultate einfuhren.

Döbling: Neuer Türkiser baut aus

Spannend war es in Döbling. Und zwar aufgrund der Frage, ob der jüngste Bezirksvorsteher Wiens, Daniel Resch, das Ergebnis seines Vorgängers, Langzeitbezirkschef Adolf "Adi" Tiller, halten kann. Konnte er. Resch baute die türkise Führung sogar aus: 36,9 Prozent, ein Plus von 4,4 Prozentpunkten waren sein Ergebnis, somit Platz eins. Da blieb die zweitplatzierte SPÖ mit 26,9 Prozent weit zurück.

Brigittenau: Roter Chef baut aus

Die rote Tradition wird im 20. Bezirk fortgeführt: Bezirkschef Hannes Derfler konnte sogar zulegen und kam mit 45 Prozent (+3,3) über die Ziellinie. Auch die Grünen sind mit 17,2 Prozent stark. Ernsthafte Konkurrenz konnte Derfler jedoch niemand machen, letztlich auch durch den Absturz der FPÖ auf 7,3 Prozent. Als Herausforderung im Bezirk bezeichnete Derfler die Verdichtung im Wohnbau.

Floridsdorf: SPÖ und Bürgermeister feiern

Es ist der Bezirk des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig, das zeigt sich im Ergebnis: 44,5 Prozent, ein Plus von 6,2 Prozentpunkten, machen die SPÖ zum klaren Gewinner in Floridsdorf. Dabei war es im Jahr 2015 noch extrem eng im Duell mit der FPÖ. Der Bezirk blieb rot, bleibt es auch 2020: Georg Papai kann weiterregieren. Allerdings: Das Team HC hat hier sein bestes Ergebnis mit 4,5 Prozent.

Donaustadt: Kampf um Lobautunnel

Ähnlich wie in Floridsdorf wurde auch im zweiten transdanubischen Großbezirk Donaustadt die relative rote Mehrheit einzementiert. Die SPÖ erreichte mit Bezirkschef Ernst Nevrivy 45,1 Prozent, das sind vier Prozentpunkte mehr als 2015. Für Nevrivy ist der Autobahnring um Wien samt Lobautunnel absolut notwendig. Er ist jedenfalls kein Fan einer Fortsetzung von Rot-Grün in der Stadtregierung.

Liesing: Rot stabil, ÖVP wird Vize

Neben SPÖ und FPÖ spielten andere Parteien in Liesing, ähnlich wie in Transdanubien, keine große Rolle. Der rote Bezirksvorsteher Gerald Bischof konnte den ersten Platz mit 40,4 Prozent (+1,2) souverän verteidigen. Doch anstatt der FPÖ kletterte nun die ÖVP mit 22,9 Prozent (+12) auf den zweiten Platz. Künftig soll der öffentliche Verkehr ausgebaut werden, kündigte Bischof vor der Wahl an. (Vanessa Gaigg, Oona Kroisleitner, David Krutzler, 15.10.2020)